Auf unserer Reise durch die Weltgeschichte haben wir mit dem Urknall begonnen, staunend die Entstehung des Lebens und die Entwicklung des Menschen beobachtet und sind über Mesopotamien und Ägypten in die Zeit der historischen Geschichtserzählung eingestiegen. Nachdem wir uns mit der griechischen Antike beschäftigt haben und mit Alexander bis nach Indien gezogen sind, sind wir jetzt im Römischen Reich unterwegs.
Auf der Seite "Warum? Wie ? Was?" kannst Du sehen, was die nächsten Kapitel sein werden.
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Der Unterschied zwischen Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft ist eine Illusion, wenn auch eine sehr hartnäckige.
Albert Einstein
Tacitus wird Kaiser, siegt und stirbt
Die Stabilisierung durch Aurelian erwies sich lediglich als Episode. Nach seinem Tod im Jahr 275 gab es keinen Nachfolger, der sich aufdrängte. Man entschied sich für den relativ alten, vielleicht 75-jährigen Marcus Claudius Tacitus (um 200 bis 276, reg. 275 bis 276), einen General, der es mittlerweile in den Senat geschafft hatte. Ob er von den Soldaten oder vom Senat vorgeschlagen wurde, darüber streiten die Quellen. Vielleicht war er aufgrund seines Alters für alle ein guter Kompromisskandidat.
Er hatte wie üblich mit germanischen Stämmen zu kämpfen. Diesmal kamen die Goten nicht über Dakien, sondern fielen über den Kaukasus nach Kleinasien ein. Tacitus konnte diesen Angriff zurückschlagen, starb jedoch kurz danach.
Wenn wir über die Goten sprechen, dann sollte uns klar sein, dass wir es dabei nicht mit einem kleinen, abgegrenzten Volksstamm zu tun haben. Zur Ethnogenese gibt es viele Theorien, eine davon sieht die Goten ähnlich den Franken als Großstamm, der aus vielen unterschiedlichen Einzelvölkern bestanden hat. Insofern mag es nachvollziehbar sein, dass Aurelian mit der Aufgabe der dakischen Provinz für Ruhe in der Auseinandersetzung mit »den Goten« sorgen konnte, und sein Nachfolger gleichwohl wieder in Kämpfe mit ihnen verwickelt war. Es waren im Zweifel ganz unterschiedliche Stämme.
Florianus' Klimakrise
Nachfolger wurde Tacitus‘ Halbbruder Marcus Annius Florianus (gest. 276, reg. 276), der von Tacitus als potentieller Nachfolger bereits zum Prätorianerpräfekten ernannt worden war. Und nun passierte das, was wir schon leidlich kennen. An der Ostgrenze rief sich Marcus Aurelius Probus (232 bis 282, reg. 276 bis 282) zum Kaiser aus. Florianus brach seine Kämpfe gegen die Goten ab und zog gegen den Rivalen. Der taktierte. Florianus‘ Legionen kamen aus Europa. In dem heißen Wüstenklima im Osten begannen sie nicht nur zu schwitzen, sondern schwächelten zusehends. Probus ging Kämpfen aus dem Weg, wartete nur ab, bis sich das eigentlich zahlenmäßig überlegene Heer seines Gegners durch Krankheiten Stück für Stück selbst dezimiert hatte. Irgendwann hatten die Legionäre genug und liefen zu Probus über. Florianus wurde nach 88 Tagen Herrschaft ermordet und Probus war Kaiser.
Probus hält die Sachen zusammen,…
Probus war ein erprobter Soldat, der bereits unter Aurelian in Germanien und unter Tacitus in Syrien und Ägypten einige Erfolge erzielen konnte. Als Kaiser gelang es ihm, Goten und Germanen vor Übergriffen auf das Reich abzuhalten. Auch in Kleinasien, wo er einen Aufstand isaurischer Stämme niederschlug und Ägypten, wo er die von Süden einfallenden nubischen Blemmyer besiegen und damit die für Rom wichtigen Getreidelieferungen sichern konnte, war er erfolgreich. Mit den Sassaniden schloss er einen Waffenstillstand, der die Ostgrenze sichern sollte.
… was ihm wenig nützt
Manchmal liegt im Erfolg bereits der Keim der Niederlage. Für Probus galt dies, da er im Herbst 282 von unzufriedenen Legionären erschlagen wurde. Hintergrund mag sein, dass er, nachdem er an allen Grenzen für Frieden gesorgt hatte, das Heer verkleinern wollte. Die Legionäre sollten entlassen oder, was wahrscheinlicher ist, in der Zeit bis zum nächsten Feldzug zu zivilen Arbeiten wie etwa den Bau von Straßen oder Wasserleitungen herangezogen werden.
Das Schöne aus Sicht der Legionäre zur Zeit der Soldatenkaiser war ja, dass sie jederzeit eine Alternative hatten. Irgendwo fand sich immer ein Heerführer, der sich als Gegenkaiser aufwarf. Probus war das jüngste Beispiel gewesen. Der Nächste in dieser Reihe hieß Marcus Aurelius Carus (etwa 222 bis 283, reg. 282 bis 283). Man musste nur Probus erschlagen und zu Carus überlaufen und die Sache war geritzt. Und also geschah es.
Carus trifft der Blitz,…
Carus teilte die Herrschaft im Reich auf, so wie es bereits Valerian und Gallienus getan hatten. Sein Sohn Marcus Aurelius Carinus (gest. 285, reg. 283 bis 285) sollte auf den Westen aufpassen. Carus dagegen zog mit seinem jüngeren Sohn Marcus Aurelius Numerius Numerianus (gest. 284, reg. 283 bis 284) nach Osten, um die Perser anzugreifen. Nach einer – mittlerweile wohl obligatorischen – Zwischenstation in Pannonien und an der unteren Donau, bei der Quaden und Sarmaten besiegt wurden, ging es weiter Richtung Persien. Dort drohte zwar keine aktuelle Gefahr, aber wenn man Soldatenkaiser ist, tut man das, was man am besten kann. Vielleicht wollte Carus das Schicksal Valerians rächen, auch Probus hatte wohl einen entsprechenden Persienfeldzug geplant. Vielleicht war auch die Kunde nach Westen gedrungen, dass nach dem Tode Schapur I. dessen Nachfolger genug mit sich selbst zu tun hatten. Bahram II. (gest. 293, reg. 274 bis 293) musste gerade seinen Cousin Hormizd von Sakastan (gest. 283) zur Ordnung rufen, der auch gerne König geworden wäre. So hatte die römische Armee wenig Widerstand zu überwinden und konnte bis in die persische Hauptstadt Ktesiphon vorstoßen. Kurz danach war Carus tot. Man fand ihn nach einem Gewitter in seinem Zelt. Wurde er vom Blitz erschlagen, starb er eines natürlichen Todes oder wurde er wie üblich ermordet. Gegen Letzteres spricht zumindest, dass ihm seine Söhne ohne Probleme nachfolgten.
… Numerianus kann nichts sehen…
Numerianus übernahm das Kommando im Osten, Carinus blieb für den Westen zuständig. Im Osten zog sich Numerianus in Folge zurück. Ob es einen Friedensvertrag mit Bahram II. gegeben hat oder ob nach dem Tod von Carus keine weiteren Risiken eingegangen werden sollten, wissen wir nicht. Auf dem Weg in die Heimat erkrankte er an einer Augenentzündung und wurde im November 284 tot in seiner blickdicht geschlossenen Sänfte aufgefunden. Vorsicht also bei Bindehautentzündungen und ähnlichen Schmakazien. Wir wollen ja aus der Geschichte lernen…
…und Carinus stirbt wie ein Kaiser
Carinus starb wenige Monate später, Anfang 285, auf die für einen römischen Kaiser klassische Weise: er wurde ermordet. Dahinter stand Gaius Aurelius Valerius Diocletianus (zwischen 242 und 245 bis 311/312, reg. 284 bis 305), der Numerianus als Oberbefehlshaber im Osten gefolgt war und sich zum Gegenkaiser aufgeschwungen hatte. Carinus zog ihm entgegen, nachdem er einen anderen Usurpator, den Statthalter von Venetien und Istrien Sabinus Julianus (gest. 285/286) schlagen konnte. Das Aufeinandertreffen mit Diocletian entschied Carinus eigentlich ebenfalls für sich, wurde aber dennoch von den eigenen Offizieren umgebracht, vorgeblich, weil er viele ihrer Frauen verführt hatte. Wäre er man besser brav geblieben.
Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft
Mit Carinus endet die Zeit der Soldatenkaiser, die vor allem durch die Krise Mitte des 3. Jahrhunderts geprägt war. Wir haben uns hier wie bisher auch auf die politische Ebene konzentriert. Die Ursachen für die Schwierigkeiten, die die Kaiser zu bewältigen hatten, lagen aber zu einem großen Teil im Bereich der Wirtschaft. Gerade die Landwirtschaft hing sehr von der Verfügbarkeit von Sklaven ab. Wir haben gesehen, dass schon zur Zeit Sullas sehr große Landgüter entstanden waren, die nur profitabel arbeiten konnten, wenn eine hinreichende, oft in die Tausende gehende Anzahl an Sklaven als billige Arbeitskräfte verfügbar war. Da es spätestens nach Trajan aber keine Eroberungen mehr gab, war der entsprechende Nachschub limitiert. Entscheidend war zudem, dass die Verteidigung der langen Grenzen sehr aufwändig war. Das Heer verschlang einen Großteil des Staatshaushaltes. Steuererhöhungen, Münzverschlechterungen, Inflation waren an der Tagesordnung, für zivile Projekte etwa der Infrastruktur blieb kaum Geld. So erodierte zunehmend der Zusammenhalt der res publica. Man gut, dass wir keine Probleme mit unserer Infrastruktur haben und die Bundeswehr bestmöglich aufgestellt ist.
Vielleicht gestatten wir uns an dieser Stelle einen kleinen Einschub, der uns eine schöne Analogie zu unserer heutigen Zeit beschert. Die Stadt Rom hatte in dieser Zeit gut eine Million Einwohner, die Schätzungen schwanken zwischen 450.000 und dreieinhalb Millionen. Zwei Drittel bis drei Viertel dieser Menschen stammten nicht von der italienischen Halbinsel. Kelten, Nubier, Germanen, Syrer, Äthiopier und viele andere Völkerschaften waren vertreten. Alle Einwohner mussten versorgt werden. Auf das Problem der Getreidelieferungen haben wir bereits hingewiesen. Wenn man mal zusammenstellt, was die Menschen damals am meisten am Leben in der Stadt störte, finden wir kaum etwas, was wir heute anders sehen würden. Der Verkehr, der Lärm auf den Straßen, die Zeit, die es benötigt von einem Ort in der Stadt zu einem anderen zu kommen. Klingelt da etwas? Der Schmutz steht auf dieser Liste, die hohen Mieten, die mangelnde Qualität des Wohnraums, die unkontrollierte Zuwanderung und auch die Unsicherheit insbesondere auf den nächtlichen Straßen. Die Erfindung der Straßenbeleuchtung ist ja etwas, worauf wir noch bis ins 19. Jahrhundert warten müssen. Wir lernen aber, dass viele Dinge, die uns heutzutage nerven anscheinend ein Naturgesetz im menschlichen Zusammenleben zu sein scheinen. Wir wollen uns also nicht mehr so viel aufregen, ist auch gut für unser Herz.
Zurück zu unserer Geschichte: Das Römische Reich konnte die Krise des 3. Jahrhunderts durch fähige Kaiser wie Aurelian bewältigen, war aber auch danach noch anfällig für Usurpationen. Diocletian lernte aus dieser Entwicklung und gab dem Reich eine neue Struktur und ein neues Regierungssystem, die Tetrarchie.
Diocletian hat viel zu tun…
Am 22. Dezember 245 wurde in der Nähe von Split Gaius Valerius Diocles als Sohn eines Schreibers oder eines freigelassenen Sklaven geboren. Andere Quellen benennen das Geburtsjahr mit 236. Wir müssen uns immer erinnern, dass wir Geschichte auf der Basis unsicherer Quellenlagen erzählen und sicherlich manchmal auch dem menschlichen Hang verfallen, logische Abfolgen und Narrative zu konstruieren, wo der Zufall regierte oder uns wesentliche Informationen schlichtweg fehlen.
Diocles machte beim Militär Karriere und wurde, wie es seinerzeit üblich war, von »seinen« Soldaten zum Kaiser erhoben, nachdem Numerianus gestorben war. Wir haben gesehen, dass er den Titel in der Auseinandersetzung mit Carinus nur mit viel Glück verteidigen konnte. Als Herrscher nannte er sich dann Gaius Aurelius Valerius Diocletianus. Wir kennen ihn als Diocletian.
Auch er musste sich an den neuralgischen Punkten der Reichsgrenze bewähren. 286 in Moesien und Pannonien, 288 stieß er nach Germanien vor, 289 und 292 ging es gegen die Sarmaten, 290 – das ist allerdings neu – gegen die Araber. 287 zeigte er sich mit einem starken Truppenaufgebot an der Ostgrenze, um den Sassanidenherrscher von dummen Gedanken abzubringen. 293 kam dort allerdings mit Narseh (zwischen 228 und 233 bis 302, reg. 293 bis 302) ein König auf den Thron, der sich von solchen Einschüchterungen nicht beeindrucken ließ. Er eroberte 296 Armenien und stieß von dort in Richtung Syrien vor, wobei er die Römer in der Nähe von Carrhae klar schlagen konnte, 350 Jahre nach der Niederlage, die Crassus 53 v. Chr. dort erlitt. Manchmal wiederholt sich Geschichte.
Dieser Rückschlag Diocletians brachte einen gewissen Lucius Domitius Domitianus (gest. 297) in Ägypten auf dumme Gedanken. Sein Aufstand wurde im Dezember 297 von Diocletian niedergeschlagen. Auch in Britannien musste Aufständische von der Macht Roms überzeugt werden. Schließlich gelang es den Römern aber, die Perser zu bändigen. Gaius Galerius (etwa 258 bis 311, reg. 305 bis 311), Mitkaiser, wir lernen gleich, was das heißt, konnte Mitte 297 in einem Überraschungsangriff Armenien zurückgewinnen und viele, auch hochstehende Gefangene aus Narsehs Familie machen. Mit diesem Rückhalt wurde ein für Rom vorteilhafter Frieden geschlossen, der überraschenderweise die nächsten 40 Jahre hielt.
…und erfindet eine neue Staatsform
Bei all diesen Feldzügen war es nicht immer Diocletian, der an der Spitze der Legionen stand. Aus dem, was wir als Reichskrise des 3. Jahrhunderts bezeichnen, hatte er gelernt, dass Rom dringend Reformen bedurfte und dass die Verteidigung eines Reiches mit einer Größe von über viereinhalb Millionen Quadratkilometern nicht von einem einzelnen Menschen zu bewältigen war. Zum Vergleich: Das Staatsgebiet war größer als das der heutigen Europäischen Union. Die alte Sowjetunion war mit 22,4 Millionen Quadratkilometern zwar etwa fünf Mal so groß, ihr Reichsgebiet war allerdings deutlich kompakter und ein Großteil der Grenzen nicht bedroht – allenfalls von Eisbären.
Diocletians Idee, diesem Problem zu begegnen, war die Tetrarchie. Zwei Seniorkaiser (augusti) und zwei Juniorkaiser (caesares) sollten sich die Herrschaft teilen. Mit dieser Stufung wollte er auch die oft mörderischen Nachfolgekämpfe verhindern. Mit-Kaiser oder Augustus wurde bereits 285/286 sein alter Freund Marcus Aurelius Valerius Maximianus (um 250 bis 311, reg. 286 bis 305). Den Juniorpart und damit die potentielle Nachfolge übernahmen 293 Flavius Valerius Constantius Chlorus (um 250 bis 306, reg. 305 bis 306) und Gaius Galerius.
Galerius (mit Illyrien, Pannonien, Moesien, Thrakien und Griechenland, Residenz in Sirmium, heute Sremska Mitrovica in Serbien) und Diocletian (mit Kleinasien, Mesopotamien, Syrien und Ägypten, Residenz in Nikomedia, heute Izmit in der Türkei, nahe Istanbul) sollten für den Osten, Maximian (mit Italien, Spanien und Nordafrika, Residenz in Mailand) und Constantius (mit Britannien und Gallien, Residenz in Trier) für den Westen zuständig sein. Merkst Du etwas? Rom war plötzlich keine Residenzstadt mehr! Das war klug, da die Kaiser so viel näher an den Brennpunkten des Geschehens waren und schneller und direkter auf Angriffe und Usurpationen reagieren konnten, die ja beide mittlerweile an der Tagesordnung waren. Allerdings hatte die Vierteilung der Herrschaft auch einen Nebeneffekt, über den sich Herr Parkinson kaum gewundert hätte. Aus den 250 leitenden Beamten, die im Jahr 249 das Römische Reich verwalteten, wurden in den nächsten 150 Jahren 6.000. Effizienz sieht anders aus.
Reformen
Auch die Verwaltungsstrukturen krempelte Diocletian vollkommen um. Aus 50 Provinzen wurden 100, wodurch die Statthalter viel weniger Macht und Möglichkeit hatten, sich zum Gegenkaiser zu erheben. Die einhundert Provinzen wurden zu zwölf Diözesen zusammengefasst, die unter der Leitung eines vicarius standen, der einem von vier Prätorianerpräfekten unterstellt war – jeder der Kaiser hatte also einen dieser Prätorianerführer bei sich. Diese hatten vornehmlich verwaltungstechnische und finanzwirtschaftliche Aufgaben. Diocletian trennte streng zwischen zivilen und militärischen Strukturen. Erstere straffte er, bei letzteren sorgte er für dezentralere Verantwortlichkeiten, durchaus in der Erkenntnis, dass Usurpation ohne militärische Macht schwer möglich war. Die Prätorianerpräfekten standen so plötzlich auf der zivilen Seite, lediglich in Rom selbst blieb eine Garnison der Prätorianer bestehen.
Das Grundprinzip, kleinerer und damit besser zu steuernden Einheiten setzte Diocletian in seiner Heeresreform um. Die Anzahl der Legionen wurde von 33 auf 70 mehr als verdoppelt, wobei sich ihre maximale Größe entsprechend von bisher 5.500 auf 2.000 Mann verringerte, die meisten Legionen lagen eher bei 1.000 Legionären. Die Kavallerie und damit Beweglichkeit und Einsatzfähigkeit wurden gestärkt. Neben Verwaltung und Militär setzte Diocletian auch größere Reformen in der Rechtsprechung sowie in Münzwesen und Finanzwirtschaft um, vor allem auch, um die Finanzierung des notwendigerweise umfangreichen Militärsektors zu sichern.
Eine Finanzreform war dringend notwendig. Extreme Inflationsraten und immer wieder durchgeführte Reduzierungen des Edelmetallgehaltes der Münzen in den letzten Jahrzehnten hatten dazu geführt, dass die Geldwirtschaft weitestgehend durch Tauschhandel ersetzt worden war. Diocletians Antwort war sein Höchstpreisedikt aus dem Jahr 301 verbunden mit einer Abwertung der Währung durch Verdoppelung der Nominalwerte. Für mehr als 1.000 Produkte wurden verbindliche Höchstpreise festgelegt, die allerdings meist so hoch waren, dass die Waren für die arme Landbevölkerung unerschwinglich blieben.
Über die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist die Forschung uneins. Sicherlich gab es den Effekt, dass die Schattenwirtschaft florierte, da manche Preise eben nicht bezahlbar waren. Auf der anderen Seite geht man aber durchaus von einer deutlichen Stabilisierung der Währung aus. Wir werden das hier nicht ausdiskutieren wollen, begnügen uns mit der eher unspezifischen Weisheit, dass es wohl ein gemischtes Bild war, was Diocletians Reformen bewirkten.
Zwei Kaiser treten zurück
Das Ende seine Herrschaft war einmalig in der Geschichte der römischen Kaiser. Er wurde nicht ermordet und starb auch nicht eines natürlichen Todes, sondern er dankte ab. Nur Sulla war 384 Jahre zuvor einen ähnlichen Schritt gegangen.
Im Jahr 303, immerhin fast 20 Jahre nach seinem Regierungsantritt, besuchte Diocletian das erste Mal Rom. Auf seiner Rückreise erkrankte er schwer, so dass er das nächste Jahr nur unter großer persönlicher Anstrengung regieren konnte. Nach einem Zusammenbruch im Dezember 304 erholte er sich zwar wieder, konnte aber nicht mehr kraftvoll regieren. So entschloss er sich zum Rücktritt zum 1. Mai 305 und konnte auch seinen alten Freund und Mit-Augustus Maximian zu diesem Schritt überreden. Die beiden Junior-Kaiser Constantius und Galerius rückten auf, für den Juniorpart wurden Flavius Valerius Severus (gest. 307, reg. 306 bis 307) für den Westen und Galerius Valerius Maximinus Daza (etwa 270 bis 313, reg. 310 bis 313) für den Osten ausgewählt. Maximinus Daza ist im Übrigen der letzte der römischen Kaiser, der in den ägyptischen Pharaonenlisten auftaucht. Diocletian zog sich in seinen Palast nach Spalato, dem heutigen Split, zurück und starb vermutlich am 3. Dezember 311. Auch 312, 313 und 316 werden als Todesjahr genannt. Wir werden ihm aber noch einmal kurz begegnen.
Das nächste Mal schauen wir uns einmal an, was Diocletian und andere Kaiser so mit den Christen veranstalteten. Hier gab es ja in den nächsten Jahrzehnten einen gewaltigen Umbruch. Zeit also, noch einmal kurz innezuhalten.
Nun freilich starren Sinnes zu behaupten, dass das, was ich gesprochen habe, auch unbedingte Wahrheit sei, das schickt sich nicht für einen, der zu denken pflegt.
Platon