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(78) Veni, vidi, vici

Der Würfel fällt am Rubikon

Das letzte Mal haben wir Caesar in Norditalien zurückgelassen, als er mit seinen Truppen am Flüsschen Rubikon stand, der Grenze zwischen "seiner" Provinz Gallia cisalpina und dem originären römischen Staatsgebiet. Am 7. Januar 49 v. Chr. beschloss der Senat den Staatsnotstand. Wir kennen das schon aus der Zeit von Gaius Gracchus und Gaius Marius. Pompeius wurde beauftragt, gegen Caesar zu kämpfen und die Republik zu retten. Caesar verstand die Botschaft. Wahrscheinlich am 10. Januar 49 v. Chr. überschritt er mit seiner etwa 5.000 Mann starken Legion den Rubikon. Alea iacta est, der Würfel war gefallen.

 

Auch heute gibt es in der Gegend einen Fluss namens Rubicone. Der heißt allerdings erst seit 1933 so, nachdem Benito Mussolini (1883 bis 1945) den bis dahin Fiumicino heißenden Fluss zur Erinnerung an die Größe des Römischen Reiches umbenannte. Auch zwei benachbarte Flüsse, Pisciatello und Uso, beanspruchen, der Rubikon Caesars zu sein, wobei es so scheint, dass zumindest in dieser Sache Mussolini richtig gelegen haben mag.

 

Pompeius zieht sich zurück

Da Pompeius in Italien über keine nennenswerten Truppen verfügte, die standen in Spanien und im Osten, reaktivierte er seine Veteranen und zog sich mit diesen erst einmal nach Griechenland zurück, wo er sich mit seinen Legionen zusammenschließen wollte. Nicht alle Senatoren waren einverstanden mit der Idee eines einzelnen Oberbefehlshabers, der dann zu allem Überfluss als Erstes gleich das Weite suchte.

 

Caesar konnte den Rückzug Pompeius‘ nach Griechenland nicht verhindern. Diesem gelang es dort wie geplant, sein Heer mit den Truppen aus den östlichen Provinzen zu vereinigen. Caesar verfügte über keine Flotte, um unmittelbar zu folgen. So wandte er sich erst einmal auf dem Landweg nach Spanien, um die dort stationierten sieben pompeianischen Legionen auszuschalten. Dies gelang ihm sehr schnell, so dass er bald nach Rom zurückkehren konnte. Dort war wenig geschehen. Pompeius war unbehelligt im Osten geblieben und hatte die Zeit genutzt, seine große Armee zu organisieren. Caesar hatte aber das Sagen in Rom und konnte sich für 48 v. Chr. zum Konsul wählen lassen. Wir wissen, warum ihm dies besonders wichtig war.

 

Römischer Bürgerkrieg in Griechenland

Zum Showdown zwischen den beiden kam es in Griechenland. Caesar gelang es, mit seinem etwa 15.000 Mann starken Heer die Adria überqueren. Verstärkung war durch Marcus Antonius geplant, der allerdings ein wenig mit dem Wetter und Bibulus haderte. Wir haben ihn als Briefe schreibenden Kollegen Caesars aus dem Jahr 59 v. Chr. in Erinnerung. Nun kommandierte er Pompeius‘ Flotte und blockierte die Überfahrt. Leider starb er jedoch bald an einer Erkältung, die er sich auf See zugezogen hatte. Wahrscheinlich hatte er keinen Troyer über sein Buscherump gezogen. Die nun aktuell führungslose Flotte war dann auf jeden Fall für Marcus Antonius kein Hindernis mehr, so dass die von Caesar erhoffte Verstärkung nach Osten verschifft werden konnte. Dieses Fenster schloss sich danach allerdings auch schnell wieder, nachdem Pompeius Sohn Gnaeus (etwa 75 bis 45 v. Chr.) das Kommando übernahm. 

 

Im Folgenden zeigte sich Pompeius als Zauderer. Er versäumte es trotz seiner deutlichen zahlenmäßigen Überlegenheit, die noch getrennten Truppen Caesars und Marcus Antonius' anzugreifen, so dass sich beide gegnerischen Heere zusammenschließen konnten. Seine Strategie setzte auf ein Aushungern Caesars, da es Gnaeus Pompeius mittlerweile gelungen war, dessen Flotte vollständig zu vernichten. Nachschub aus Italien war somit für Caesar nicht mehr möglich, er musste sich aus dem Land versorgen.

 

Dass er Pompeius von dessen Stützpunkt Dyrrhachium, dem heutigen Durrës in Albanien, abschneiden konnte, half ihm ergo wenig. Pompeius lagerte nicht weit entfernt auf einer Anhöhe, die ihm über eine Bucht aber den Zugang zum Meer, seiner Flotte und somit auch hinreichend Nachschub sicherte. So kam es zu der merkwürdigen Situation, dass er dort zwar von Caesar belagert wurde, der Belagerte aber weniger Sorgen über seine Versorgung haben musste als der Belagernde. Caesar versuchte, die Sache zu drehen. Er ließ alle Zuflüsse in das Gebiet aufstauen und umleiten, so dass Pompeius Truppen dann doch neben der räumlichen Enge zunehmend auch aufgrund von Wassermangel leiden mussten. Insbesondere für die Pferde wurde es bald kritisch. In dieser Situation kam Pompeius der Zufall zu Hilfe. Durch den Verrat zweier Allobroger, Vertreter eines gallischen Stammes, die übergelaufen waren, gelang es ihm, Caesars Belagerungsring an der schwächsten Stelle anzugreifen und nach einigem Hin und Her Caesars Truppen insgesamt in die Flucht zu schlagen.

 

Wieder zauderte er dann aber und versäumte es, durch konsequentes Nachsetzen den Krieg an dieser Stelle zu entscheiden. Pompeius kannte Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 bis 1831) noch nicht, dessen Aphorismus "Die einzige Wahrheit jeder Absicht ist die Tat" ihn vielleicht ein wenig angespornt hätte. Die Situation war aber sicherlich unübersichtlich, und häufig ist Vorsicht ja klugerweise die Mutter der Porzellankiste. Wir wollen also nicht zu sehr über Pompeius schimpfen.

 

Caesar siegt in Griechenland… 

So verlor Caesar zwar 1.000 Soldaten und viele Offiziere, blieb aber mit seinem Heer kraftvoll im Spiel. Pompeius hielt sich indes schon für den Sieger und den Krieg für gewonnen. Hochmut kommt vor dem Fall, wie wir wissen, und der Fall kam am 9. August 48 v. Chr. beim thessalischen Pharsalos. Pompeius hätte diese Schlacht gerne vermieden, er setzte weiterhin auf seine Taktik des Zermürbens und Aushungerns. In seinem Gefolge befanden sich jedoch auch einige Senatoren, die, obwohl auch sie Herrn Hegel nicht kannten, immer mehr darauf drängten, nun endlich den Krieg zu beenden. Immerhin verfügte Pompeius über ein doppelt so großes Heer wie Caesar. Also stellte er sich zur Schlacht, die er aufgrund des taktischen Geschicks Caesars verlor. Er floh nach Ägypten, wo er sich aufgrund seiner Freundschaft zu den dort herrschenden Ptolemäern in Sicherheit wähnte. Er täuschte sich, konnte sich darüber aber nicht lange wundern, da er umgehend ermordet wurde, genau einen Tag vor seinem 58. Geburtstag.

 

…Ägypten…

In Ägypten war Ptolemäus XII. (etwa 117 bis 51 v. Chr., reg. 80 bis 58 und 55 bis 51 v. Chr.) im Jahr 51 v. Chr. gestorben. Von seinen vier Kindern sollten seine Tochter Kleopatra VII. (69 bis 30 v. Chr., reg. 51 bis 30 v. Chr.) und sein Sohn Ptolemäus XIII. (61 bis 47 v. Chr., reg. 51 bis 47 v. Chr.) gemeinsam herrschen. Die acht Jahre ältere Kleopatra nahm jedoch wenig Rücksicht auf ihren Bruder, was dessen drei Vormündern natürlich gar nicht gefiel. Diese, Potheinos (etwa 90 bis 48/47 v. Chr.), Achillas (gest. 47 v. Chr.) und Theodotos (gest. 43/42 v. Chr.) mit Namen, konnten Kleopatra vertreiben, die daraufhin ihrerseits Söldner anwarb, um ihre Rückkehr zu erstreiten. Die drei wollten in dieser Situation die nach Pharsalos klaren römischen Machtverhältnisse nutzen, ermordeten Pompeius und hofften, sich auf diese Weise bei dem Sieger, also Caesar, einschmeicheln zu können. Der Plan funktionierte nur in der ersten Hälfte, der Ermordung Pompeius‘. Caesar machte sich mit den Mördern nicht gemein, sondern ließ den Leichnam in allen Ehren überführen, auch, um auf diese Weise ein paar Punkte bei Pompeius‘ Anhängern gut zu machen.

 

Ob Kleopatra sich, wie es uns Elizabeth Taylor (1932 bis 2011) vorgemacht hat, in einen Teppich eingewickelt bei Caesar eingeschlichen hat, wissen wir nicht. Auf jeden Fall entwickelte sich zwischen beiden eine heftige Liebesbeziehung, aus der, wenn wir Kleopatras Angaben zur Vaterschaft nicht in Zweifel ziehen wollen, ein Sohn entspross: Ptolemäus XV., bekannt als Caesarion, »der kleine Caesar« (47 bis 30 v. Chr., reg. 44 bis 30 v. Chr.). Es verwundert also nicht, dass Caesar für die Rechte Kleopatras stritt. Diesen sogenannten Alexandrinischen Krieg gewann er allerdings erst, als er sich mit einem von Mithridates von Pergamon (gest. 46 v. Chr.), einem Sohn des uns wohlbekannten Mithridates VI. von Pontos, herbeigeführten Entsatzheer vereinigt hatte. Ptolemäus XIII. starb in diesem Krieg ebenso wie die Pompeius-Mörder Achillas und Potheinos. Theodotos konnte fliehen und wurde ein paar Jahre später von Brutus ermordet.

 

Kleopatras Bruder und Konkurrent um die Herrschaft in Ägypten war ausgeschaltet. Kleopatra wurde mit ihrem jüngeren Bruder, Ptolemäus XIV. (um 59 bis 44 v. Chr., reg. 47 bis 44 v. Chr.) verheiratet – ein Tribut an die ägyptische Tradition -, ohne dass dies ihre Machtvollkommenheit eingeschränkt hätte. Dafür sorgten eher die Römer. Ägypten blieb ein formal unabhängiger Staat, auch wenn drei römische Legionen im Land stationiert waren, um aufzupassen, dass hier keiner auf dumme Gedanken kommt. Dies schien ratsam, da sowohl Kleopatra als auch Caesar einen eher herb-charmigen Führungsstil hatten und die Herzen der Bevölkerung nicht bei ihnen waren. Ägypten zu einer Provinz zu machen, war Caesar zu risikoreich. Wer Statthalter in diesem reichen Land würde, wäre immer versucht, sich zu bereichern und im Zweifel auch nach der Macht in Rom zu greifen. Ein Klientelstaat konnte diese potentielle Gefahr vermeiden, vor allem, wenn er von der Geliebten regierte wurde. Und dieser zu erklären, dass der Titel einer "Statthalterin" genauso toll wie Pharaonin sei, wäre dann wohl auch sehr aufwendig gewesen. Caesar hatte anderes zu tun.

 

…Kleinasien…

Nach Ägypten ging es gegen Pontos. Das Land kennen wir durch Mithridates VI. zu Genüge. Pharnakes II. (etwa 97 bis 47 v. Chr., reg. 63 bis 47 v. Chr.), einer seiner Söhne, hatte ausgehend vom Bosporanischen Reich an der Nordküste des Schwarzen Meeres versucht, das Reich seines Vaters an der Südküste zurückzugewinnen. Der Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius kam ihm sehr gelegen. Die Römer waren so beschäftigt und konnten sich nicht um ihn kümmern. Am 21. Mai 47 v. Chr. konnten sie wieder. Caesar kam, sah und siegte. Veni, vidi, vici, hier hat der berühmte Ausspruch seinen Ursprung. Bei einem Feldzug von nur fünf Tagen nicht unangemessen.

 

Weiter ging es. Es gab immer noch Truppen der Pompeianer. Caesar kehrte kurz nach Italien zurück, aber nur, um sich für den nächsten Kurzkrieg zu wappnen. Dies fiel ihm allerdings schwer, seine Soldaten wollten endlich etwas von den ewigen Kriegen haben. Land und Geld, so war es ja üblich. Nur mit viel Mühe gelang es Caesar, sie für eine weitere Kampagne zu motivieren. Er musste sicherlich auch aufpassen, da Pompeius zwar ausgeschaltet war, die Partei der Optimaten aber natürlich noch nicht.

 

…Afrika…

In Afrika hatten sich Anhänger Pompeius' mit dem numidischen König Juba I. (etwa 85 bis 46 v. Chr., reg. etwa 60 bis 46 v. Chr.) verbündet. Bei Thapsus, südlich von Monastir im heutigen Tunesien, wurde diese Koalition am 6. April 46 v. Chr. geschlagen. Vorher hatte Caesar aber schwierige Monate zu überstehen. Bereits im Dezember 47 v. Chr. – nach einer verlustreichen Überfahrt – gelandet, musste er zunächst eine schwere Niederlage gegen seinen früheren Gefolgsmann Titus Labienus (etwa 100 bis 45 v. Chr.) einstecken, bei der er seine Armee nur mit Mühe vor der vollständigen Vernichtung bewahren konnte. Nach Konsolidierung seiner Lage und nachdem Verstärkung aus Italien eingetroffen war, siegte er schließlich doch gegen Juba und Quintus Caecilius Metellus Pius Scipio. Der jüngere Cato nahm sich im Anschluss auf grausame Weise das Leben, er wollte nicht von der Gnade eines Caesar abhängig sein.

 

… und Spanien

Wieder kehrte Caesar nur kurz nach Italien zurück. Die Söhne des Pompeius, Sextus (etwa 67 bis 35 v. Chr.) und Gnaeus, lebten noch und hatten sich nach Spanien zurückgezogen. Das Land war reich, Karthago hatte sich seinerzeit nach dem Ersten Punischen Krieg ja auch über die spanischen Eroberungen als Staatswesen erholen können. So darf es nicht verwundern, dass es den Pompeianer gelang, hier ein 13 Legionen oder 70.000 Mann starkes Heer auszuheben. Caesar kam mit acht Legionen oder 40.000 Mann, allerdings waren dies seine kampferprobten Soldaten. Zudem besaß er die schlagkräftigere Kavallerie und war mit König Bogud von Mauretanien (gest. 31 v. Chr., reg. 49 bis 38 v. Chr.) verbündet. Auch wenn er hinterher sagen sollte, bei Munda habe er nicht wie sonst um den Sieg, sondern um sein Leben kämpfen müssen, konnte er die Schlacht am 17. März 45 v. Chr. letztlich doch für sich entscheiden. Pompeius Söhne konnten fliehen. Gnaeus wurde bald gefasst und getötet, Sextus entkam und war in den nächsten Jahren durchaus noch ein Player in der römischen Politik. Vier Jahre römischer Bürgerkrieg waren vorbei, ein Krieg, der einmal rund ums Mittelmeer ausgetragen wurde, mittlerweile das Mare nostrum des Römischen Reiches.

 

Ziemlich genau ein Jahr später war Caesar tot.