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(82) Sextus Pompeius' Ende und Antonius im Osten

Ehestreit

Antonius konnte seine Zeit an der Seite Kleopatras nur bedingt genießen. Die Parther hatten sich mal wieder aufgemacht und waren in Syrien eingefallen. So musste er schweren Herzens die schwangere Kleopatra verlassen. Als er auf dem Weg allerdings von der Niederlage seines Bruders Lucius in Perusia erfuhr, ließ er die Parther Parther sein und zog in Richtung Rom. In Athen traf er seine von Octavian ja gen Osten geschickte Ehefrau Fulvia. Es war für beide kein angenehmes Wiedersehen, auch wenn Kleopatra weit weg war. Antonius war von der Entwicklung in Italien nur wenig begeistert und hielt dies Fulvia vor. Die hielt dagegen, war sie doch eine der Wenigen gewesen, die seine Sache kraftvoll vertreten hatte, während er sich in Kleopatras und welchen Betten auch sonst vergnügte. Wahrscheinlich werden irgendwelche Türen geknallt haben. Auf jeden Fall reiste Antonius weiter gen Italien. Fulvia blieb in Griechenland und starb kurz darauf tief gekränkt. 

 

Burgfrieden und Heiratspolitik

Antonius suchte auf der Heimreise den Kontakt zu Sextus Pompeius, der ja Sizilien und mittlerweile auch Sardinien und Korsika beherrschte und über eine starke Flotte verfügte. Weiterhin war es ein allseitiges Taktieren. Antonius war noch nicht so weit, sich explizit mit Sextus Pompeius gegen Octavian zu verbünden. Er hoffte noch auf eine Einigung, auch wenn es aktuell eher nicht so aussah. In Brundisium wurde ihm wohl auf Anregung von Octavian die Einfahrt in den Hafen verweigert. So wich er nach Sipontum, etwa 200 Kilometer nördlich am Sporn des italienischen Stiefels gelegen aus. Octavian zog mit seinen Truppen dahin. Die Soldaten weigerten sich jedoch, gegen ihre Kollegen auf Antonius‘ Seite zu kämpfen.

 

Antonius fehlten allerdings für einen Kampf auch hinreichend Fußtruppen, außerdem hatte er noch das ungelöste Partherproblem in Syrien im Hinterkopf. An deren Erfolg hatte auch Octavian kein Interesse. Also einigten sich beide im Vertrag von Brundisium im Herbst 40 v. Chr. auf eine weitere Zusammenarbeit. Lepidus durfte weiter mitmachen und behielt sein Afrika. Italien blieb Gemeinschaftsaufgabe, der Westen ging – einschließlich Galliens und Illyriens – an Octavian, der Osten an Antonius. Nach Philippi war ja Gallien noch Antonius' Einflusssphäre zugeordnet worden. Octavian machte hier also einen deutlichen Schritt nach vorne.

 

Die Konsuln der nächsten Jahre wurden aus Anhängern beider bestimmt, man zog im Triumph durch Rom und Antonius heiratete Octavia (etwa 66 bis 11 v. Chr.), die Schwester seines Kollegen. Sie wird als Minor, also „die Jüngere“ bezeichnet, da sie und Octavian noch eine Halbschwester gleichen Namens hatte, Octavia Maior „die Ältere“ (vor 66 bis nach 29 v. Chr.). Wir kennen das ja bereits von Octavians Oma. Sowohl Antonius als auch die jüngere Octavia waren gerade verwitwet, es bot sich also an. Octavian wiederum heiratete, nachdem er sich von der doch etwa sehr jungen Claudia getrennt hatte, Scribonia (etwa 70 bis 16 v. Chr.), eine Verwandte von Sextus Pompeius. Das ist bemerkenswert, da dieser doch in der Vergangenheit immer deutlich in Gegnerschaft zu Octavian agiert hatte. Damit wir es nicht vergessen: Scribonia gebar ihm sein einziges leibliches Kind, Julia (39 v. Chr. bis 14 n. Chr.), wir werden noch von ihr hören. Noch vor Julias Geburt verstieß er jedoch bereits wieder die Schwangere, wahrscheinlich nachdem es zu einer Lösung mit Sextus Pompeius gekommen war und er die Vorteile einer verwandtschaftlichen Beziehung nicht mehr benötigte. Scribonia wird nicht seine große Liebe gewesen sein. Später, im Jahr 38 v. Chr., heiratete er dann Livia Drusilla (59 v. Chr. bis 29 n. Chr.), die zwei Söhne, Tiberius Claudius Nero (42 v. Chr. bis 37 n. Chr., reg. 14 bis 37 n. Chr.) und Decimus Claudius Drusus (38 bis 9 v. Chr.), mit in die Ehe brachte. Letzterer machte irgendwann aus dem "Decimus" in seinem Namen ein "Nero" und wird entsprechend auch in den Geschichtsbüchern genannt, auch wenn es natürlich nicht der Nero war, an den wir alle als erstes denken, wenn wir den Namen hören. Tiberius sollte mal Octavians Nachfolger als princeps werden. Wir nähern uns der Kaiserzeit.

 

First things first

Wenn wir uns jetzt die Situation im Römischen Reich anschauen, dann sehen wir ein Triumvirat, das sich – Pack schlägt sich, Pack verträgt sich – gerade mal wieder zusammengerauft hat. Sowohl Octavian als auch Antonius wussten aber, dass auch wieder andere Zeiten kommen würden. Zunächst musste man sich allerdings um diesen Sextus Pompeius kümmern, der mit den drei großen Mittelmeerinseln und seiner starken Flotte ordentlich Probleme machen konnte. Er kontrollierte die Getreideversorgung der Hauptstadt, die somit stets gefährdet war. Dies umso mehr, als man ihn im Vertrag von Brundisium nur dahingehend berücksichtigt hatte, dass er zwar Sizilien behalten dürfe, Sardinien und Korsika aber zurückgeben solle. Sextus fand diese Regelung eher so mittel und ließ die Muskeln spielen. Er verschärfte die Seeblockade Roms, was dort erneut zu einer Hungersnot führte. So schlau die Triumvirn ja eigentlich waren, hier erkannten sie nicht, dass mit einem hungrigen Volk nicht zu spaßen ist. Als sie dann auch noch die Steuern erhöhen wollten, um einen Krieg gegen Sextus Pompeius zu finanzieren, wurden die Menschen ungemütlich. Octavian hatte Mühe, diese Unruhen zu überleben. Wäre Antonius ihm nicht zur Hilfe gekommen, wer weiß, wie die Weltgeschichte sich entwickelt hätte.

 

Alles gut für Sextus Pompeius?

Aus dieser Drucksituation heraus sahen sich Octavian und Antonius im Frühsommer 39 v. Chr. gezwungen, mit Sextus Pompeius zu verhandeln. Dies war für Octavian sicherlich schwieriger zu schlucken als für Antonius, der ja schon immer einen Gesprächsfaden mit Sextus hatte. Im Vertrag von Misenum wurden diesem nun auch Korsika und Sardinien zugesprochen, zudem sollte Antonius ihm den Peloponnes abgeben. Er erhielt die römischen Bürgerrechte zurück und die Soldaten und Proskribierten, die zu ihm geflüchtet waren, wurden – mit Ausnahme der Caesarmörder – amnestiert. Im Gegenzug stellte er die Seeblockade ein. Er wird sich als Gewinner gefühlt haben. Das Spiel war aber noch nicht vorbei.

 

Nein!

Es wird Dich nicht überraschen, dass Octavian mit dieser Lösung nicht glücklich war. Auch Antonius meinte das mit dem Peloponnes nicht ganz so ernst, es kam nie zu einer Übergabe. Glücklich für Octavian war die Wendung, dass Pompeius‘ Admiral Menodorus (gest. 35 v. Chr.) Anfang des nächsten Jahres mit seiner Flotte zu ihm überlief. Er brachte nicht nur drei Legionen als Geschenk mit, sondern auch Korsika und Sardinien, die er seinerzeit für Sextus Pompeius erobert hatte und deren Statthalter er nun war. Octavian fühlte sich dadurch stark genug, Sextus anzugreifen, Vertrag von Misenum hin oder her.

 

Der erste Versuch eines Flottenangriffs scheiterte jedoch, es heißt, Octavian hätte sich schwimmend ans Ufer retten müssen. Er erbat daraufhin von Antonius Unterstützung, der ihm schließlich 37 Schiffe überließ – eigentlich zugesagt hatte er 120. Lepidus kam aus Afrika zur Hilfe. Marcus Vipsanius Agrippa hatte zudem als Octavians Gefolgsmann neue Schiffe bauen lassen, die stärker und moderner waren und nun eine sehr willkommene Unterstützung boten. Dies schien im Sommer 36 v. Chr. eine bessere Basis für eine Invasion Siziliens zu sein. Menodorus hatte es sich allerdings mittlerweile anders überlegt und war mit sieben Schiffen wieder zurück zu Sextus Pompeius übergelaufen, der ihm allerdings nicht mehr vertraute.

 

Die Eroberung Siziliens lief nur bedingt gut. Lediglich Lepidus gelang bei Lilybaeum – erinnerst Du Dich an Lilybaion und Pyrrhus und Karthago? – die Landung. Der Rest der Flotte hatte vor allem mit dem stürmischen Wetter zu kämpfen. Am Ende gelang es aber, an Land Fuß zu fassen. Stück für Stück, Meile um Meile ging es nun voran. Sextus Pompeius Stärke lag ja seit jeher mehr auf dem Meer, also machte er Octavian den Vorschlag einer Entscheidungsschlacht. Ort, Zeitpunkt und Zahl der beteiligten Schiffe wurden festgelegt und Ende August / Anfang September 36 v. Chr. traf man in der Bucht von Naulochos vor der Nordostspitze Siziliens aufeinander. Die beiden Feldherren hielten sich abseits und Agrippa gewann für Octavian die Schlacht. Pompeius konnte fliehen. Er wandte sich nach Osten, wo er auf einen Ausgleich mit Antonius hoffte. Gemeinsam gegen Octavian, das wäre doch eine gute Idee… Leider machte er den Fehler, auch bei den Parthern um Unterstützung nachzufragen. Das kam bei Antonius gar nicht gut an, die Parther nervten ihn ja schon geraume Zeit. Sextus Pompeius hatte sich verzockt und versuchte nun, sich über Kleinasien nach Armenien durchzuschlagen. Dabei jagten ihn Truppen des Antonius bis er schließlich von Amyntas (reg. 36 bis 25 v. Chr.), dem König der Galater, gefangen genommen werden konnte. Im Sommer 35 v. Chr. wurde er von Marcus Titius (amt. 31 v. Chr.), einem General Antonius‘, ohne Gerichtsverhandlung in Milet hingerichtet.

 

In Sizilien überzeugte Octavian nach dem Sieg noch schnell die Truppen des Lepidus, zu ihm überzulaufen, und schon hatte er nicht nur Sextus Pompeius, sondern auch seinen Triumvirats-Kollegen vom Spielfeld genommen. Es steuerte nun auf die finale Auseinandersetzung mit Antonius zu. Vorher spulen wir nochmal etwas zurück.

 

Antonius im Osten

Antonius war bereits im Herbst 39 v. Chr. im Herbst mit seiner neuen Frau Octavia nach Athen gereist. Sein Feldherr Publius Ventidius Bassus (gest. nach 38 v. Chr.) hatte die Parther erst einmal vertrieben, er konnte das Leben genießen. Im Vertrag von Tarent wurde das Triumvirat im Sommer 37 v. Chr. bis 33 v. Chr. verlängert. Antonius sagte Octavian die Unterstützung der 120 Schiffe im Kampf gegen Sextus Pompeius zu, sollte dafür 20.000 Soldaten für einen Feldzug gegen die Parther erhalten. Er segelte zurück nach Osten, in Korfu schickte er seine schwangere Frau zurück nach Italien, er wollte wohl das Zusammentreffen mit Kleopatra vermeiden. Er selbst reiste weiter nach Antiochia, wo er den Winter 37/36 v. Chr. verbrachte. Kleopatra tauchte dort auch auf. Dies war für Antonius nicht nur persönlich angenehm, er konnte sich auch so Ägyptens Unterstützung für seinen geplanten großen Partherfeldzug sichern. So wollte er die Niederlage Crassus‘ von 53 v. Chr. bei Carrhae rächen, Caesars Plan vollenden und als erfolgreicher Held nach Rom zurückkehren. Auf die 20.000 Mann, die Octavian ihm versprochen hatte, musste er dabei nicht warten, die trafen nie ein. Wundert uns das?

 

Zuvor ordnete er – ähnlich wie Gnaeus Pompeius zuvor – die politische Struktur der vielen Klientelkönigreiche zwischen dem Reich der Parther und Rom. Herodes von Judäa wurde gestärkt, Amyntas von Galatien, der etwas später Sextus Pompeius gefangen nehmen sollte, ebenso. Auch in Pontos und Kappadokien setzte er fähige, aber ihm ergebene Herrscher ein. Ägypten war ein Nutznießer dieser Ordnung, nicht nur, aber sicherlich auch, weil Antonius Kleopatra vertraute. Honi soit …

 

Partherfeldzug

Dann ging es gegen die Parther. Der Feldzug begann erst spät, im Mai 36 v. Chr., ließ sich aber zunächst ganz gut an. Ohne viel Gegenwehr stand Antonius bald vor der medischen Hauptstadt Phraaspa. Medien war einer der Vasallenstaaten der Parther. Leider war der Tross mit den Belagerungsgeräten nicht ganz so schnell. Damit begann das Dilemma. Die Parther hatten Antonius südlicher erwartet, reagierten nun auf seinen Vorstoß und griffen den nicht ganz so stark geschützten Tross an. Das taten sie ziemlich erfolgreich, so dass Antonius mit dem beginnenden Winter die Belagerung von Phraaspa abbrechen musste. Ohne Belagerungsgerät sah er keine Chance, die Stadt zu erobern. Die Soldaten mussten hungern und frieren, viele starben. Die Parther hatten die Nachschublinien unterbrochen. Antonius gelang zumindest die Organisation eines geordneten Rückzugs, ansonsten war sein Unternehmen ein einziger Fehlschlag. Die Träume vom Triumph in Rom waren zerstoben.

 

So ganz aufgeben wollte Antonius die Idee nicht, er suchte nun eine Allianz mit Artavasdes I. (etwa 59 bis 20 v. Chr., reg. 56 bis 20 v. Chr.), dem König der Meder, der sich wohl aus dem Wechsel seines Bündnispartners Vorteile versprach. Antonius war gerade in Syrien, als er hörte, dass Octavia mit 2.000 Mann und Geld zu ihm unterwegs sei. Ob Kleopatra die treibende Kraft war und ihre Konkurrentin ausstechen wollte, ob Antonius beleidigt war, weil es nicht die versprochenen 20.000 Soldaten waren, ob es eine Mischung aus beidem war, wir wissen es nicht. Auf jeden Fall ließ er Octavia nicht zu sich reisen, eine Brüskierung, die ihr Bruder Octavian in seiner Propaganda gegen Antonius gerne ausnutzte.

 

Zum Schluss Armenien

Zu einem zweiten Partherfeldzug des Antonius kam es nicht mehr, lediglich Armenien griff er 34 v. Chr. an. Dessen König hieß verwirrenderweise auch Artavasdes, war hier aber bereits der zweite seines Namens (gest. 31 v. Chr., reg. 55 bis 34 v. Chr.). Im Krieg gegen die Parther waren hatte er noch auf Antonius' Seite gekämpft, nun hatten sich die Bündnisse gedreht. Der medische Artavasdes war auf Roms Seite, der armenische nicht mehr. Diese Bäumchen-wechsel-Dich-Spiele können uns nach einigen Jahrzehnten des römischen Bürgerkriegs nicht mehr verwirren. Zum einen gab Antonius dem Armenier die Schuld an der Niederlage gegen die Parther, zum anderen hatte dieser eine Verbindung seiner Tochter mit Antonius‘ Sohn Alexander Helios (etwa 40 bis zwischen 29 und 25 v. Chr.), einer der Zwillinge, die er mit Kleopatra hatte und der mittlerweile beachtliche sechs Jahre alt war, abgelehnt. Eine Brüskierung, die nicht ungestraft bleiben konnte. Als Ehemann abgelehnt zu werden, ist ja für manchen Sechsjährigen ein durchaus traumatisches Erlebnis.

Also vertraute Antonius die Sicherung der Ostfront dem medischen Artavasdes an, nahm den Armenier gefangen und führte ihn im Triumphzug durch Alexandria. Nicht Rom. Er war Herrscher des Ostens, aber nicht des Römischen Reiches.

 

Das nächste Mal kommt es dann (endlich) zur Entscheidung.