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(86) Germanien: Varusschlacht

Bevor wir weiter verfolgen können, wie es den Römern in Germanien erging, müssen wir erst einmal schauen, wie sich die Sache mit den Batos in Pannonien entwickelte.

 

Rebellion in Pannonien…

Der Pannonische Aufstand war eine sehr große Bedrohung für das Reich des Augustus, zumal der Herd der Rebellion nicht wirklich weit entfernt von der Hauptstadt lag. Durch Rom ausgebildete Legionäre wandten sich gegen Rom und eroberten einen Großteil der Provinz Illyricum. Über 200.000 Mann sollen auf Seiten der beiden Batos gekämpft haben. Tiberius verhielt sich zunächst abwartend, organisierte Nachschublinien, Flottenunterstützung und Verstärkungen. Die Rebellen verwüsteten das Hinterland, so dass sich seine Legionen nicht aus der Region versorgen konnten. Über zweihundert Tonnen Getreide pro Monat wollten für jede Legion besorgt sein. Auch der Nachschub stockte, weil es zeitgleich auch einen Aufstand der Berberstämme in der Kornkammer Afrika gab.

 

…und bei den Berbern

An dieser Stelle wollen wir kurz die Garamanten erwähnen, als ein Beispiel für die Berberstämme, die Karthago und Rom so viel Ärger gemacht haben. Diese siedelten spätestens seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. im Fessan im Inneren Libyens. Ihre Hauptstadt Gamara liegt in der Nähe der heutigen Stadt Murzuq, etwa 900 Kilometer südlich von Tripolis oder Misrata. Die Garamanten waren Pferdezüchter und beherrschten den Transsaharahandel zwischen der Mittelmeerküste und dem Tschadsee. Inwieweit wir hier über wirklich häufig und regelmäßig genutzte und ausgebaute Handelsrouten sprechen können, ist allerdings zweifelhaft. Elfenbein, Tierhäute, Edelsteine, wilde Tiere für die Zirkusspiele, Salz und vielleicht auch Sklaven fanden so den Weg nach Norden. Im Gegenzug lieferte Rom Glas, Lampen, Juwelen, Wein und andere verarbeitete Waren. Ähnliche Berbervölker siedelten, wie wir wissen, auch in Mauretanien, wo wir sie als Numider kennengelernt haben.

 

Die Berber konnten bei einer schwächelnden Herrschaft in Nordafrika den Römern ernsthafte Sorgen bereiten. Wir erinnern beispielsweise den Jugurthinischen Krieg, etwa 110 Jahre zuvor. So wurde es auch jetzt wieder schwierig. Die Folge des Berberaufstands war eine Hungersnot in Rom und Steuererhöhungen durch Augustus.

 

Tiberius sorgt für Ruhe in Pannonien

Diese unerfreuliche Lage wurde durch eine Niederlage in einer Schlacht bei Sirmium im Tal der Save verschärft, bei der Tiberius aber wohl nicht zugegen war. Sein kluges organisatorisches Geschick zeigte dann sich in den nächsten Wochen. Er konnte den pannonischen Bato am 3. August 8 n. Chr. zur Aufgabe zwingen. Damit war die größte Gefahr gebannt. Tiberius konnte den Oberbefehl an seinen Neffen Nero Claudius Germanicus abgeben und einen Teil des Heeres nach Hause schicken. Unter diesen Ausgemusterten war auch ein gewisser Arminius (18/17 v. Chr. bis 21 n. Chr.), Heerführer der Hilfstruppen der Cherusker, der in den letzten Jahren eine ordentliche Karriere hingelegt hatte und sogar in den Ritterstand erhoben wurde. Wir werden gleich noch von ihm hören.

 

Mit dem anderen Rebellenführer, dem dalmatischen Bato, lief es nicht so schlank. Der überfiel erst einmal seinen Kollegen und ließ ihn als Verräter hinrichten. In Folge lieferte er sich einen Hinhaltekrieg mit Germanicus, bis es Augustus zu bunt wurde und er im Frühsommer 9 n. Chr. Tiberius erneut nach Illyrien schickte. Der ging die Aufgabe wie gewohnt systematisch an und drängte Bato immer mehr in die Enge. Irgendwann erkannte dieser seine Lage und kam um einen Waffenstillstand ein. Er wolle aufgeben, wenn er denn straffrei bliebe. Auf Tiberius‘ Frage, warum er denn überhaupt den Aufstand angezettelt habe, antwortete er, dass Steuerlast und Ausbeutung der Provinz ihm kaum eine andere Wahl gelassen hätten. Tiberius erinnerte sich später an diese Begegnung und sorgte als Kaiser dafür, dass seine Statthalter vorsichtiger agierten. Aufgabe eines guten Hirten sei es, die Schafe zu scheren, nicht ihnen die Haut abzuziehen, war seine Maxime.

 

Tiberius hatte es geschafft, in Illyrien herrschte wieder Ruhe. 350 Jahre später sollten die Goten wieder für Aufregung sorgen, bis dahin blieb es aber halbwegs entspannt.

 

Varus will Germanien unterwerfen

Noch auf dem Heimweg erhielt Tiberius die Nachricht, dass der Statthalter Publius Quinctilius Varus (47/46 v. Chr. bis 9 n. Chr.) in Germanien wohl eine Schlacht verloren habe. Varus hatte das ehrgeizige Ziel gehabt, Germanien bis zur Elbe vollständig zu unterwerfen. Dies war zwar schon mehrfach versucht worden, beispielsweise durch Drusus, konnte allerdings nie erfolgreich zum Ende geführt werden. Wie wir gesehen haben, auch durch Tiberius nicht.

 

Der genaue Status Germaniens ist schwierig zu beschreiben. Manche sehen es eher optimistisch sogar als bereits befriedete Provinz. Wahrscheinlicher ist, dass die germanischen Stämme die grundsätzliche Übermacht der Römer erkannten und sich friedlich verhielten, dass aber eine umfassende Unterwerfung bis hin zu Steuer- oder Tributzahlung nicht existierte. Es ist zu vermuten, dass Varus genau dieses durchsetzen wollte. Dabei trat er relativ aggressiv auf, zog mit seinen Legionen durch das Land und machte deutlich, dass er sich als Herr und Gebieter über die Germanenstämme betrachtete. Er konterkarierte damit in gewisser Weise das sukzessive Eindringen der römischen Kultur in das Leben der germanischen Stämme. Durch Zwang entstand Widerstand, der letztlich von Arminius organisiert wurde.

 

Arminius will es verhindern

Arminius war zu einem römischen Ritter aufgestiegen und galt als verlässlicher Bundesgenosse. Varus vertraute ihm und schenkte Botschaften, die ihn auf einen möglichen Verrat hinwiesen, keinen Glauben. Arminius hingegen spielte ein doppeltes Spiel. Er saß bei Varus zu Tisch und schmiedete auf der anderen Seite einen Bund der germanischen Stämme. Neben seinen Cheruskern konnte er die Chatten, Angrivarier, Brukterer und Marser für seinen Plan gewinnen, wobei wir letztere nicht mit ihren italienischen Namensvettern verwechseln dürfen.

 

Der genaue Ablauf der Varusschlacht, die sich über drei Tage hinzog, ist nicht bekannt, auch der Ort des Geschehens nicht. In Kalkriese nördlich von Osnabrück meint man, den Ort gefunden zu haben und hat auch ein entsprechendes Museum errichtet. Sicher ist die Lokalisierung jedoch nicht, auch für viele andere Kandidaten wie beispielsweise das niederländische Achterhoek gibt es Argumente.

 

Varus soll auf dem Weg vom Sommerlager, vermutlich an der Weser, ins Winterlager vielleicht nach Haltern in der Nähe der Rheingrenze unterwegs gewesen sein. Demnach wäre die Schlacht also im Herbst geschlagen worden. Er führte einen 15 bis 20 Kilometer langen Zug von drei Legionen, drei Reitereinheiten und sechs Kohorten mit insgesamt 15.000 bis 22.000 Soldaten und 4.000 bis 5.000 Reit- und Packtieren an. Das Wetter war gruselig – Herbst in Germanien vor dem Klimawandel, wir erinnern uns dunkel – und es gab auf der gewählten Route keine befestigten Wege. Man vermutet, dass Arminius Varus eine Wegstrecke empfohlen hatte, die die Legionen abseits von halbwegs befestigten Straßen führte. Ein Argument mag dabei der Hinweis auf das Sonnenwendfest am 23. September gewesen sein, zu dem die wichtigsten Häuptlinge der Germanen zusammentreffen würden und bei dem Varus mit seinen Legionen die unbezwingbare Macht Roms hätte demonstrieren können. Und das am Tag des Geburtstages seines Kaisers. Das wäre vermutlich eine unwiderstehliche Verlockung für den ehrgeizigen Varus gewesen, sich berühmt zu machen. Die Folge dieser Entscheidung war, dass die Soldaten nun Bäume fällen, Dämme bauen und Wege bahnen mussten, um vorwärtszukommen. Bei Sturm und Regen, rutschigem Boden an steilen Hängen macht das nicht jedem Freude. So zog sich der Tross immer weiter auseinander, es bildeten sich Gruppen, die Ordnung des Heeres ging mehr und mehr verloren.

 

Arminius hatte sich entfernt, angeblich um Hilfstruppen zu organisieren. Die halfen dann auch, aber nicht den Römern, sondern ihm bei dem Überfall auf den langgestreckten, im unwegsamen, engen Gelände mit sich selbst beschäftigten Heereswurm. Den Römern gelang es nicht, eine ordentliche Kampfformation aufzustellen. Im Eins gegen Eins waren sie den wendigeren Germanen unterlegen. Ein Teil der Römer schaffte es immerhin, in offenes Gelände zu gelangen und dort ein Lager aufzuschlagen. Dies ließ Arminius in Ruhe und griff erst wieder an, als die Soldaten sich wieder auf den Weg machten. Die Erfolge an den ersten Tagen sorgten für weitere Unterstützung. Zusätzliche Germanen stießen zu den Kämpfern und schlossen die Lücken, die die Römer geschlagen hatten. So wurden nahezu alle Legionäre niedergemacht, Varus und seine Offiziere begingen Selbstmord, um nicht in Gefangenschaft zu geraten. Das war für ihre Soldaten nicht unbedingt motivierend, viele fügten sich jetzt in ihr Schicksal, gaben jegliche Gegenwehr auf oder töteten sich wie ihre Befehlshaber selbst. Die 17., 18. und 19. Legion waren vollständig vernichtet. Diese drei Zahlen bedeuteten von da an Unglück und wurden nicht mehr als Ordnungszahl für Legionen vergeben. "Quintili Vare, legiones redde!" soll Augustus gerufen haben, »Gib die Legionen wieder!«. Nun, der gute Varus war tot, sein Haupt hatten die Germanen an Marbod, den Führer der Markomannen geschickt.

 

Marbod handelt klug

Marbod hatte sich bereits während des Pannonischen Aufstands vorsichtig verhalten und sich nicht gegen Rom positioniert. Ähnlich agierte er hier, indem der den Kopf des toten Heerführers nichts als Trophäe bei sich behielt, sondern nach Rom schicken ließ, wo Augustus ihn in allen Ehren bestatten ließ.

 

Dieser Marbod ist eine der Gestalten in der Geschichte, die durch kluges Handeln im Rahmen der Konstellation, in der sie agierten, viel erreicht haben, und dennoch allenfalls randständig auftauchen, weil es mächtigere und nachwirkendere Entwicklungen gab, auf die sich unser Blick konzentriert. Marbod hatte sich nach den ersten Erfolgen der Römer mit seinen Markomannen nach Böhmen zurückgezogen, wo er die Boier, die sich ja nach ihrer Niederlage gegen Rom vor gut 200 Jahren dorthin zurückgezogen hatten, vertrieb. Vielleicht blieben sie auch und vermischten sich mit den Markomannen. Marbod konnte sein Herrschaftsgebiet auf die Hermunduren, Semnonen, Lugier und Langobarden ausweiten, so dass sein Reich von der Donau im Süden bis zur Elbe und Ostsee im Norden reichte. Dass er dort den Elbgermanen Rückhalt gegen die Römer gab, führte zu dem Feldzug des Tiberius, der dann aber aufgrund des Pannonischen Aufstands abgebrochen werden musste.

 

Marbod verfolgte auch nach der Varusschlacht eine Politik der Neutralität. In den innergermanischen Kämpfen, die später folgten, erwies sich allerdings Arminius als stärker. Marbod wurde auf sein Kernland in Böhmen zurückgeworfen und 18 n. Chr. schließlich durch den markomannischen Adel gestürzt. Er floh zu den Römern, die ihm Asyl in Ravenna gewährten, wo er 18 Jahre später starb. Keine herausragende Karriere, aber eine in Summe durchaus bemerkenswerte.

 

Arminius scheitert

Arminius nutzte den Schwung des Sieges für eine Offensive Richtung Westen, also gegen das Römische Reich. Er konnte viele Kastelle erobern, letztlich fehlte ihm aber die Kraft für starke Wirkungstreffer, die für einen nachhaltigen Erfolg notwendig gewesen wären. Dafür waren die germanischen Stämme dann doch nicht geeint genug. Dass Marbod sich raushielt, wissen wir schon.

 

Es gab unter den Germanen zudem eine romfreundliche Fraktion, die von einem allerdings eher zwielichtigen Herrn Segestes (um 10 n. Chr.) angeführt wurde. Segestes war ein cheruskischer Adeliger, der Varus vor Arminius‘ Überfall gewarnt hatte, dann aber doch fröhlich gegen die Römer mitgekämpft hatte. Nur weil der Name so schön ist, wollen wir erwähnen, dass Segestes‘ Tochter Thusnelda (etwa 10 v. Chr. bis 17 n. Chr.) später mit Arminius verheiratet war. Dieser soll sie mit ihrem Einverständnis entführt haben. Segestes fühlte sich übergangen, vielleicht hatte er auf einen ansehnlichen Brautpreis gehofft und nahm Arminius und seine Frau gefangen. Arminius konnte fliehen, belagerte dann erfolglos die Burg Segestes', um seine Frau zu befreien. Thusnelda wurde von ihrem Vater in die Obhut der Römer übergeben, wo sie dann Arminius' Sohn Thumelicus (15 bis vor 47 n. Chr.) gebar. Zusammen mit diesem wurde sie von den Römern am 26. Mai 17 stolz auf einem Triumphzug als Siegestrophäe präsentiert. Aus Thusnelda entwickelte sich – aber erst im 20. Jahrhundert – das Schimpfwort Tussi für ein bestimmtes Klischee von Frauen, "attraktive, modebewusste, ich-bezogene und oberflächliche" weiß das Internet. Die namensgebende Dame kann nichts dafür, vielleicht lag es an der anstrengenden Schullektüre der Hermannsschlacht von Heinrich von Kleist (1777 bis 1811). Schüler sind ja mitunter kreativ-erfinderisch, was Spitznamen angeht.

 

Auf jeden Fall gelang Arminius kein weiterer entscheidender Schlag gegen die Römer. Marbod konnte er zwar zurückdrängen, aber insgesamt schaffte er es nicht, ein germanisches Reich unter seiner Führung zu etablieren. Im Jahr 21 n. Chr. wurde er von Verwandten ermordet.

 

Tiberius soll helfen

In Rom war Varus‘ Niederlage und der Verlust der drei Legionen natürlich nichts, was man auf sich beruhen lassen konnte. Rom war zurückgeworfen auf die Positionen, aus denen Drusus 12 v. Chr., also etwa 20 Jahre zuvor, seine Feldzüge begonnen hatte. Konsolidierung war das erste Gebot. Tiberius bekam erneut das Kommando, die Truppen wurden ergänzt, die Zahl der Legionen insgesamt von sechs auf acht erhöht. Wie es seine Art war, agierte Tiberius vorsichtig und überlegt. Er zog mitunter über den Rhein, es kam jedoch zu keinen größeren Kampfhandlungen.

 

Germanicus übernimmt

Dies änderte sich 14 n. Chr., als Germanicus das Kommando übernahm. Wir erinnern, dass er bei der Niederschlagung des Pannonischen Aufstands nicht den großen Erfolg gehabt hatte und von Tiberius abgelöst werden musste. Das ging jetzt nicht mehr, da 14 n. Chr. Augustus starb und Tiberius als designierter Nachfolger Kaiser wurde. Germanicus agierte in den Jahren 14 bis 16 n. Chr. deutlich offensiver als Tiberius und hatte durchaus Erfolge. Als die Römer wieder in einen Hinterhalt gelockt wurden, konnte er sich durchsetzen, ebenso wie in einigen größeren Schlachten gegen Arminius. Manche halten Kalkriese auch für den Ort einer dieser Schlachten.

 

Insgesamt gelang es aber wiederum nicht, das römische Herrschaftsgebiet wirklich auszuweiten. Kaiser Tiberius sah das zunehmende Missverhältnis von Aufwand und Ertrag, bewilligte Germanicus einen Triumphzug und schickte ihn in den Osten. Auch alle folgenden Kaiser unternahmen keinen Versuch mehr, Germanien zu erobern, man war zufrieden, wenn es keine Überfälle gab.

 

Da wir uns hier auf Deutsch unterhalten, mussten wir uns dem Kapitel Germanien doch etwas ausführlicher widmen. Dabei haben wir schon mitbekommen, dass Augustus im Jahr 14 n. Chr. starb und Tiberius sein Nachfolger wurde. Schauen wir noch kurz, was Augustus sonst noch hinterließ, bevor wir uns auf die Reise durch die Liste der fast einhundert römischen Kaiser machen. Keine Angst, wir widmen nicht jedem eine Blogfolge.

 

Es gibt keine 0

Bevor wir weitermachen, müssen wir kurz auf die Jahreszählung eingehen. Wir waren bisher immer in den Jahren »v. Chr.« unterwegs und wechseln jetzt in die Zeiten »n. Chr.«. Damals gab es ja kein verbindliches System der Zeitrechnung. Die frühchristliche Kirche stellte neben die existierenden – in Rom war dies die Zählung ab der Stadtgründung im Jahr 753, bezeichnet als ab urbe condita – eine eigene. Sie probierte es lange mit dem Startpunkt der Erschaffung der Welt, der allerdings schwierig dingfest zu machen war. Umso mehr bot sich das Geburtsjahr Jesu Christi an, das mit der Jahreszahl 1 angesetzt wurde. Das Jahr davor war dann das erste Jahr vor Christi Geburt, als 1 v. Chr. Ein Jahr 0 existiert also nicht. Dies nur zur Klärung, falls Du Dich auf die Suche machen wolltest. Es wäre vergeblich und das wäre ja auch schade um die schöne Zeit.

 

Diese Zeitrechnung gründet sich übrigens auf die Festlegung des Mönchs Dionysius Exiguus (um 470 bis um 540), der im Jahr 525 das Geburtsjahr Jesu auf das Jahr 754 nach der Gründung Roms im Jahr 753 v. Chr. festlegte. Sein benediktinischer Kollege Beda Venerabilis (673 bis 735) griff diese Jahreszählung in seiner im Jahr 731 verfassten englischen Kirchengeschichte auf. Danach verbreitete sie sich sukzessive über den Kontinent und wurde im Jahr 1060 auch von der katholischen Kirche übernommen.

 

Augustus Vermächtnis

Am 19. August 14 n. Chr. starb Augustus mit fast 76 Jahren in Nola, nördlich von Neapel. Er war auf Reisen, als ihn auf Capri eine Krankheit überraschte. Die Rückkehr nach Rom schaffte er nicht mehr. Seine Nachfolge war geregelt, wir haben bereits gesehen, dass der ein oder andere seiner Nachfolgekandidaten, Lucius und Gaius zuvörderst, zu früh gestorben waren. Da auch Drusus, der jüngere und bei Augustus wohl beliebtere Bruder des Tiberius, bereits 9 v. Chr. starb, blieb die Sache nun an Tiberius selbst hängen. Wir haben schon gesehen, dass er gezwungen worden war, sich von der von ihm sehr geliebten Vipsania Aggripina scheiden zu lassen, um Augustus‘ Tochter Julia zu heiraten.

 

5 v. Chr. hatte Tiberius die Faxen dicke gehabt, zumal er auch den Auftrag bekam, sich um die gewollten Thronfolger, Augustus‘ Enkel Gaius und Lucius zu kümmern. Im Falle eines frühen Todes des Kaisers sollte er dann den Übergang auf die Herrschaft eines der beiden Kinder sicherstellen. Tiberius war mucksch, brach die Zelte in Rom ab und verzog sich nach Rhodos. Erst nach dem Tod der beiden kam er nach Rom zurück und zeigte dort, bzw. in Germanien und Pannonien, was er draufhatte. So war die Nachfolge zwar mit einigen Umwegen und nicht im ursprünglich gewünschten Sinn, aber immerhin doch sicher geregelt.

 

Wenn wir auf das Lebenswerk von Augustus schauen, dann sehen wir einen taktisch überlegenen, absolut auf sein Ziel fokussierten Menschen, der auf seinem Weg keine Freunde oder Verwandten kannte. Ihm gelang es in einem Meisterstück von politischer Kunst, die lange währende Bürgerkriegsphase zu beenden. Alle fanden sich in seinem neuen System wieder, viele merkten erst nach ein paarmal Schlafen, dass aus der Republik das monarchische Prinzipat geworden war. Außenpolitisch verzichtete er zwar auf den Feldzug gegen die Parther, den sein Adoptivvater Caesar geplant hatte. Die Befriedung dieser Grenze gelang ihm stattdessen auf diplomatischem Wege. Der vielzitierte augusteische Frieden war aber ansonsten eher eine nach seinem Tode lancierte Propagandalüge. In Nordspanien und, wie wir ausführlich gesehen haben, vor allem in Germanien ging es wenig friedvoll zu. Vielleicht kommt die pazifistische Einschätzung auch aus dem Ratschlag Augustus‘ an seine Nachfolger, das Reich in den bestehenden Grenzen zu belassen und nicht auf weitere Eroberungen aus zu sein (consilium coercendi intra terminos imperii).

 

Das übernächste Mal schauen wir dann, ob Tiberius als Kaiser genauso erfolgreich war, wie als Feldherr. Davor machen wir noch einen kleinen Ausflug in den Osten - da ist um diese Zeit ja auch etwas Weltbewegendes geschehen.