Alle heißen (fast) gleich
Auf Konstantin folgten seine drei Söhne aus der zweiten Ehe mit Fausta: Konstantin II., Constantius II. und Constans. Mit den Namen ist es an dieser Stelle etwa unübersichtlich, hoffentlich behalten wir den Überblick.
Fünf bis neun Kandidaten
So ganz reibungslos verlief der Übergang auf die drei Söhne nicht. Konstantin hatte 335 auch seine Neffen Flavius Dalmatius (nach 293 bis 337/338) und Flavius Hannibalianus (gest. 337) befördert. Dalmatius war caesar geworden, Hannibalianus nannte sich nun rex regum et Ponticarum gentium, also "König der Könige" in der Region Pontus, womit er wahrscheinlich den Anspruch auf die Herrschaft im Osten einschließlich des noch zu erobernden Armeniens und zumindest Augenhöhe gegenüber dem Sassaniden-Herrscher verdeutlichen wollte. So standen also fünf Männer bereit, die Nachfolge des Alleinherrschers Konstantin zu übernehmen. Hinzu kamen noch der Vater von Dalmatius (gest. 337), der wieder einmal zu unserer Verwirrung genau so hieß, wie sein Sohn. Er war ein Halbbruder von Konstantin. Ein weiterer Halbbruder, Flavius Julius Constantius (gest. 337) reihte sich mit seinen noch jungen Söhnen Flavius Claudius Julianus und Flavius Claudius Constantius Gallus (326 bis 354) ebenfalls in diese Reihe ein.
Die Reihen lichten sich
Konstantin starb am 22. Mai. Erst am 9. September wurden seine drei Söhne vom Senat als Kaiser (augusti) ausgerufen. Warum das so lange gedauert hat, ist unklar, zumal die Legionen, denen bei der Kaiserwahl seit langem eine entscheidende Bedeutung zukam, klar für den dynastischen Weg der Nachfolge votierten. Eine Mordserie, der die Halbbrüder und ihre Söhne, also Julius Constantius, Dalmatius und sein Vater sowie Hannibalianus zum Opfer fielen, mag für etwas Unruhe gesorgt haben. Allein die sechs und zehn Jahre alten Kinder von Julius Constantius blieben am Leben. Ansonsten war man gründlich, auch entferntere Verwandte und hochrangige Verwaltungsbeamte und Militärs kamen ums Leben. Die Vermutung liegt also nahe, dass die drei Söhne erst einmal mögliche Rivalen aus dem Weg schaffen wollten, um dann in Ruhe die Nachfolge antreten zu können. Beweise gibt es allerdings nicht. Und richtig geklappt hat es eigentlich auch nicht.
Nun könnte man denken, die drei Brüder teilen das Reich und herrschen einvernehmlich. So ist der Mensch aber leider nicht gestrickt. »Denn so von Herzen hundsgemein kann nur die liebe Verwandtschaft sein.« Die Lebensnähe dieses Sinnspruches, der auf Kurt Tucholsky (1890 bis 1935) zurückgeht, zumindest für Herrschende haben wir schon hie und da erleben dürfen, ganz extrem ja auch gerade eben. Aber der Reihe nach.
Der erste Sohn stirbt
Konstantin II. hatte als Caesar bereits 328 die Verantwortung für den westlichen Reichsteil, also Britannien, Gallien und die iberische Halbinsel sowie den Gibraltar gegenüberliegenden Teil Nordafrikas übernommen. Als ältester der Brüder bekam er den Ehrentitel senior augustus. Schon bald gab es Konflikte mit Constans, der den mittleren Reichsteil regierte, also Nordafrika, Italien, die Alpen bis zur Donaugrenze, Pannonien und Illyrien. Unter dem Vorwand, dem im Osten herrschenden Constantius II. helfen zu wollen, zog Konstantin II. mit einem großen Heer gen Italien, wurde dort aber in einen Hinterhalt gelockt und starb. Trotz dieser kurzen Karriere als Kaiser war er der Herrscher, der von allen römischen Kaisern die meisten Akklamationen als Imperator erhielt. Man wundert sich.
Der zweite Sohn stirbt
Constans fühlte sich als jüngster der drei Brüder per se ein wenig zurückgesetzt, obwohl er bereits 333 zum caesar ernannt worden war und ab 335 in Italien regierte. Seine Brüder verweigerten ihm wohl aufgrund seines Alters, er war beim Tod seines Vaters auf jeden Fall noch Teenager, eine umfassende Mitwirkung an der Reichsregierung, beispielsweise bei der Gesetzgebung. Nach dem Tod Konstantin II. fiel nun der Westen an ihn, er herrschte damit über zwei Drittel des Reiches und dies durchaus erfolgreich. Die lange Grenze zu den Germanen blieb ruhig. Es gelang ihm aber nicht, sich hinreichend Rückhalt in der Armee zu verschaffen. Auch durch seine gegen die Arianer gerichtete Religionspolitik machte er sich viele Feinde. So kam es im Januar 350 zu einem eher unrühmlichen Ende seiner Herrschaft. Flavius Magnus Magnentius (um 303 bis 353), General germanischer Abstammung in Gallien, wurde von Constans‘ Schatzmeister unter dem Beifall der Offiziere des Heeres zum Kaiser ausgerufen. Constans wollte ihm natürlich an den Kragen, allein, seine Truppen folgten ihm nicht. Er musste fliehen, wurde von Magnentius Häschern am Fuß der Pyrenäen gefangen und getötet. Magnentius wurde danach 351, sowie erneut und endgültig 353 von Constantius II. besiegt.
Ein alter Mann als Bollwerk
Constantius II. wurde somit 16 Jahre nach dem Tod seines Vaters zum Alleinherrscher des Römischen Reiches. Auch er hatte früh, 324 bereits mit sieben Jahren, den Caesar-Titel erhalten und wurde – aufgrund des Alters sicherlich eher formal – mit der Verwaltung der östlichen Provinzen von Ägypten bis Kleinasien betraut.
Nach Constans Tod konnte Constantius nicht sofort gegen Magnentius vorgehen, die Gefahr durch die Perser im Osten war zu groß. Es gelang ihm, Armenien zurückzugewinnen und auch in Mesopotamien vorzurücken. Insgesamt schaffte er es trotz einiger Rückschläge, die Grenze zu den Persern zu halten. Dabei war seine Schwester Flavia Valeria Constantia (zwischen 307 und 317 bis 354), vormals Ehefrau des ermordeten Hannibalianus, hilfreich, die auf dem Balkan den schon betagten Heermeister der illyrischen und pannonischen Legionen Vetranio (gest. um 356, reg. 350) überreden konnte, sich zum Kaiser ausrufen zu lassen. Er diente somit als Bollwerk zwischen Magnentius und Constantius II. und verhinderte, dass der Usurpator aus dem Westen sich der Legionen auf dem Balkan bemächtigen konnte.
Die Klärung erfolgte am 28. September 351 in der Schlacht bei Mursa, in der Nähe des kroatischen Osijek. Constantius hatte seinen Feldzug gegen die Sassaniden abbrechen können, da diese an ihrer Ostgrenze neue Probleme mit den Chioniten bekommen hatten, Nomaden, deren Ursprung sehr unklar ist. Constantius gewann die Schlacht gegen Magnentius unter großen Opfern. Über 50.000 Legionäre sollen insgesamt gefallen sein, ein Aderlass, den sich das Römische Reich eigentlich nicht leisten konnte. Magnentius gab danach nicht auf und zog sich nach Gallien zurück. Dort wurde er am 3. Juli 353 in der Schlacht am Mons Seleucus im Südwesten Frankreichs, heute wahrscheinlich La Bâtie-Montsaléon, erneut geschlagen. Er konnte zwar fliehen, beging aber kurz darauf Selbstmord. Nun war Constantius II. endgültig Alleinherrscher im Römischen Reich.
Probleme im Norden
Hier gab es genug zu tun. Franken und Alamannen nutzen die Entblößung der Grenze von Truppen, die Magnentius für den Bürgerkrieg brauchte, um sich auf linksrheinischem Gebiet festzusetzen und Plünderungszüge bis nach Gallien zu unternehmen. Constantius konnte zwar zwischen 354 und 356 einige erfolgreiche Feldzüge unternehmen, eine wirkliche Beruhigung der Situation gelang ihm jedoch noch nicht. Daneben musste er 355 auch die Usurpation des fränkischen Heermeisters Silvanus (gest. 355) niederschlagen. Um hinreichend Zeit für die Probleme im Osten zu haben, setzte Constantius danach Julian, seinen Cousin, als caesar in Gallien ein. Das dynastische Prinzip, welches bei den Legionen hochgradig akzeptiert wurde, war dabei ein wesentliches Argument.
Constantius' Erfahrungen mit solchen verwandtschaftlich begründeten Ernennungen waren allerdings eher mau. Den Halbbruder von Julian, Gallus, hatte er zum Regenten im Osten gemacht, eine Rolle, die dieser nur bedingt gut ausfüllte. Er versuchte, sich von Constantius zu emanzipieren, seine Frau Constantia, die Schwester des Kaisers, die ihm mit der Vetranio-Geschichte seinerzeit geholfen hatte, war hier wahrscheinlich nicht unbeteiligt. Constantius ließ ihn 354 ermorden. Ruhe im Reich war im wichtiger als verwandtschaftliche Bindungen. Zudem war diese Familie in dieser Hinsicht von beängstigender Konsequenz.
Mit Julian lief es dann allerdings besser, er konnte die linksrheinisch siedelnden Franken zu Bundesgenossen, sogenannten Foederaten, machen und sie in die römische Verteidigungsstrategie einbinden. Dieser Status gab den Franken das Recht auf römische Versorgungsgüter und auf Schutz durch die römische Armee. Im Gegenzug mussten sie Kontingente für die römischen Legionen stellen, die dort unter eigenen Unterführern kämpfen durften. Die Alamannen wurden 357 besiegt und auch die anderen germanischen Stämme aus dem linksrheinischen Gebiet vertrieben. Constantius selbst konnte auf dem Balkan zwischen 357 und 359 einige Erfolge gegen die Quaden und Sarmaten erzielen.
Probleme im Osten
Das eigentliche Problem waren aber wie so oft die Perser. Dem aus persischer Sicht einleuchtenden Vorschlag von Schapur II., doch Armenien und Mesopotamien freiwillig aufzugeben, wollte Constantius dann doch nicht näherkommen, so dass Schapurs Armee 359 die Provinz Syria angriff. Ihre Strategie, die befestigten Städte zu umgehen und den Krieg tief ins Land zu tragen, war auch durchaus erfolgreich. Constantius sah sich gezwungen, seine Truppen zu verstärken und beorderte Legionen aus dem Westen in das Krisengebiet.
Julian wird Kaiser
Dies kam bei diesen nicht gut an und die Legionäre riefen im Frühjahr 360 in Lutetia, dem heutigen Paris, Julian zum Kaiser aus. Überraschend kam dies nicht, zumal es auch zwischen Julian und Constantius immer wieder Spannungen gegeben hatte. Auf jeden Fall wird Julian nicht überrascht gewesen sein. Der Konflikt mit Constantius musste allerdings noch etwas warten, die Alamannen standen im Weg. Nachdem dieses Problem gelöst war, zog Julian gen Osten. Hier hatte es Constantius geschafft, den persischen Einfall doch noch zurückzudrängen. Er konnte sich also auf die Auseinandersetzung mit Julian konzentrieren. Bevor es jedoch zu einer Schlacht kommen konnte, verstarb Constantius am 3. November 361 in Kilikien eines natürlichen Todes. Er wurde nur 44 Jahre. Julian war nun der unbestrittene Nachfolger, da er ja der einzige überlebende Nachfahre Konstantins war. Nach den vielen Verwandtschaftsmorden wundert uns das nicht.
In der Regierungszeit Constantius II. erlebte das Römische Reich eine herbe Schwächung durch den blutigen und auf beiden Seiten verlustreichen Kampf gegen Magnentius. Dass es Constantius dennoch gelang, die Grenzen im Großen und Ganzen gut zu verteidigen, wollen wir ihm hoch anrechnen. Sicherlich war Glück im Spiel, etwa was den Rückzug Schapurs anging, als Constantius gegen Julian marschieren musste. Sicherlich hat ihm im Westen Julian in der frühen Phase nach dem Ausschalten von Constans einige Last abgenommen, ebenso sicherlich hat aber auch die kluge, eher defensive Taktik des Kaisers eine wichtige Rolle gespielt.
Julian Apostata
Flavius Claudius Julianus müssen wir wegen zweier Dinge in Erinnerung behalten. Zum einen versuchte er, die Hinwendung zum Christentum, die unter Konstantin I. begonnen hatte zurückzudrehen und den alten Göttern, nicht allein den römischen, sondern auch den griechischen und weiteren aus orientalischen Kulten, wieder die Vormachtstellung gewähren. Er entzog den Christen einige Rechte, ordnete aber keine direkten Christenverfolgungen an, unterband diese aber auch nicht. Einen Spaß machte er sich, indem er verbannte Bischöfe abweichender Glaubensinterpretationen und Vertreter unterschiedlicher Richtungen in den Palast holte, um sich an ihrem Streit zu erfreuen. Auch inhaltlich setzte er sich mit den Lehren der Christen auseinander, schrieb sogar ein Buch, in welchem er Christen als abtrünnige Juden, deren Glauben er wiederum respektierte, sogar schätzte, bezeichnete. In Anlehnung an den Dreiklang Caesars formulierte er legi, intellexi, condemnavi, also »ich las, ich begriff, ich verdammte«.
Das hierarchische Prinzip der christlichen Kirche fand er jedoch spannend. Dies sicherlich auch im Sinne einer vom Kaiser, der in Personalunion Pontifex maximus war, einheitlichen Steuerung von Staat und Religion. So versuchte er, es im Sinne einer heidnischen Staatskirche auf die heidnische Welt zu übertragen. Bei der Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Kulte war diese Idee jedoch zum Scheitern verurteilt. Ob seiner antichristlichen Haltung wird er in späteren christlichen Quellen gerne mit dem Beinamen »Apostata«, der Abtrünnige, versehen.
Erfolg wird zum Misserfolg
Die zweite Erinnerung, die uns mit Julian verbindet, ist sein Persienfeldzug. Eine zwingende strategische Notwendigkeit hierfür gab es nicht, zumal Schapur II. nach seinem Rückzug gerne Friedensverhandlungen geführt hätte. Julian ging es vielleicht um persönlichen Ruhm oder um Erfolge, mit denen er seine Reputation in der Armee hätte stärken können. Für Beute waren die Legionäre ja seit jeher empfänglich. Am 5. März 363 ging es los. Anfangs lief auch alles gut, der schnelle Vormarsch wurde gestützt durch Überläufer, beispielsweise Araber, die sich von der persischen Herrschaft zu befreien hofften. So stand er bald vor Ktesiphon. Er hatte es aber versäumt, hinreichend Belagerungsgerät mitzuführen, wohl auch, weil dies die Schnelligkeit des Vorstoßes beeinträchtigt hätte. Nun fehlten die Mittel, gegen die Stadt vorzugehen und den Feldzug fortzusetzen. Manchmal hilft es, die Dinge zu Ende zu denken. Nun hieß das Kommando erst einmal: Zurück, marsch, marsch. Die Perser verfolgten nun wieder ihre Politik der verbrannten Erde und der Guerillaangriffe, um das römische Heer zu zermürben. Bei einer der Auseinandersetzungen wurde Julian tödlich verletzt, er starb mit 32 Jahren am 26. Juni 363.
Auch wenn wir ihn hier mit zwei eher kritisch zu sehenden Handlungssträngen beschrieben haben, wollen wir das Positive seiner Herrschaft nicht vergessen. Er initiierte innenpolitisch einige kluge Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und zu Effizienzsteigerungen in der Verwaltung im zivilen wie im militärischen Bereich und gegen die Korruption. Wer an einer eher belletristischen Würdigung dieses Kaisers interessiert ist, dem sei der Roman »Elizabeth Finch« von Julian Barnes (geb. 1946) empfohlen.
Jovian wird Kaiser, schließt Frieden und stirbt
Da er keine Kinder hatte, seine Tochter war früh verstorben, und viele Nachkommen Konstantins bereits diversen Verwandtschaftsmorden zum Opfer gefallen waren, hatte sich das dynastische Prinzip mangels Masse erschöpft. Daher wählte ein Offizierskollegium Flavius Jovianus (331 bis 364, reg. 363 bis 364), einen christlichen Offizier, als Nachfolger.
Die Perser hatten die aktuelle Schwäche der Römer aufgrund des Thronwechsels erkannt und verstärkten ihre Angriffe. Sie zwangen Jovian zu einem Friedensschluss, der Rom beträchtliche Gebietsverluste abverlangte. Insbesondere Armenien und die Gebiete östlich des Tigris gingen verloren. So etwas kam im Reich natürlich nicht gut an, insbesondere auch, dass das seit langem immer umkämpfte, zuletzt von Gordian III. eroberte Nisibis aufgegeben werden musste, erzürnte die römische Öffentlichkeit. Dass Jovian wenig Chancen hatte, anders zu handeln, um das römische Heer zu retten, fand in den Diskussionen wenig Beachtung. Jovian starb auf dem Weg nach Konstantinopel bereits am 17. Februar 364. Man vermutet eine Kohlenmonoxidvergiftung aufgrund eines defekten Abzugs als Grund. Schaue also vorsichtshalber einmal öfter in Deinen Ofen oder Kamin.
Ebenso wie Jovian wurde auch sein Nachfolger Valentinian I. (321 bis 375, reg. 364 bis 375) durch ein Offizierskollegium gewählt. Wir schauen dann das nächste Mal, ob er beim Feuermachen mehr Sorgfalt walten ließ.